öffnung der sequenza

Szenisches Konzert mit der IEMA – Karlsruhe 2006

Szenisches Konzert mit Sequenzas von Lucioano Berio

 
„musical theatre tends not only to eliminate the separation between stage and public, between staged life and real life but, more properly, between different aspects of the same reality“ (luciano berio)


zentrum der inszenierung ist der körper: die transformation der privatperson durch das musikinstrument in eine künstlichkeit sowie das spannungsfeld zwischen klangmaterial und körperlicher geste, die in den sequenza-kompositionen von berio angelegt sind. erfahrbar gemacht durch körperliche und gefühlte nähe des zuschauers zum musiker, durch zerstörung einer künstlichen erhabenheit, einer leeren virtuosität. gemeinsames erleben in einem durch veränderung neutralisierten raum ...

das ziel der arbeit in der symbiose von komposition, interpretation, inszenierung ist eng verbunden mit dem verhältnis von raum und körper.

der kubus selbst ist streng formal, funktional, abweisend. unabhängig von beleuchtung rückt er musiker oder darsteller in eine künstliche, nicht greifbare ferne. trotz des omnipräsenten holzes entsteht eine distanz zu organischem material also auch zur physis der musiker selbst. um die begegnung von publikum und musik/musiker überhaupt zu ermöglichen soll der charakter des raums so stark gebrochen werden, daß eine neue form der neutralität entsteht. organisches material wie (echter) rasen, stein, erde, rinde als boden öffnet wieder den blick für das eigentliche geschehen (die farbdynamik verlangt nach rasen.) das publikum sitzt frei im raum (auf dem boden / kissen / decken) um die musiker herum, die sich an verschiedenen positionen im raum befinden. notenständer hängen von der decke herab und erschaffen eine verbindung der künstler mit der umgebung und der hängenden lautsprecherinstallation. zeitgleich mit den sequenzas werden von den anderen musikern stumme aktionen (während der sequenzas) ausgeführt. die blickachsen sind im raum so verteilt, daß jeder zuschauer während der musik zumindest ein in aktion befindliches gesicht sehen kann. die verbindung von körperlicher geste und klangmaterial ist eng gekoppelt an die sichtbaren augen, bzw. das gesicht. ohne den blick bleibt die musik klang ohne verbindung zur physischen ebene.

zusätzlich werden zu beginn und in den pausen textfragmente von lucaino berio gesprochen und über die lautsprecher in den raum geleitet, die sich mit dessen auseinandersetzung zu musikalischem theater (und den sequenzenas) beschäftigen. aktionen und musik ergeben ein gemeinsames gewebe, das zwischen den stücken keine pausen entstehen läßt.

9.9.2006, Premiere, ZKM Karlsruhe

Konzept und Realisation

Christian Grammel

Sebastian König

Internationale Ensemble Modern Akademie